Voltigieren – Was ist das?
Voltigieren ist eine Sportart, bei der ein bis drei Turner verschiedene Übungen auf einem Pferd vollführen. Das sind beispielsweise Hand- und Schulterstand oder akrobatische Übungen im Knien oder Stehen. Dabei wird das Pferd von einem Longenführer auf einer Kreisbahn (der Durchmesser bei Turnieren beträgt 18 Meter) „longiert“ und bewegt sich im Schritt, Trab oder Galopp. Trainiert wird am Holzpferd und am bzw. auf dem Pferd.
Von der Antike bis heute
Wie bei den meisten Pferdesportarten liegt auch der Ursprung des Voltgierens im Militärwesen. Schon in der Antike waren im kriegerischen Kampf ein hervorragender Gleichgewichtssinn, Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit auf einem schnellen Pferd existentiell, besonders, wenn man gut „gerüstet“ war.
Zur militärischen Ausbildung römischer Soldaten gehörte das Auf- und Abspringen an einem Pferd aus Holz als Übung für den Ernstfall im Kampf.
Ebenso übten die Ritter des Mittelalters das Aufspringen in voller Rüstung auf ein Pferd. Hinzu kamen bei ihnen kunstvolle Übungen auf dem Pferd, mit denen sie auf Wettkämpfen Volk und König unterhielten.
In der Renaissance, also ab dem 15. Jahrhundert, gewann das Voltigieren an Bedeutung und Ansehen und wurde besonders bei Hofe zum beliebten Zeitvertreib. Das Ideal dieser Epoche war ein Höfling mit guten Manieren, der gebildet war und sich vornehm und grazil bewegte.
Auch in der Ausbildung der Soldaten im 17. und 18. Jahrhundert spielte das Voltigieren eine große Rolle und gewann immer mehr an Bedeutung. Die jungen Adeligen mussten sich nicht nur Wissen und gutes Benehmen aneignen, sondern auch das Können im Fechten, Tanzen, Reiten und Voltigieren. Der Begriff „Voltigieren“ wurde zu dieser Zeit als Oberbegriff für gymnastisch-turnerische Übungen am sich bewegenden Pferd geprägt.
Zur Olympischen Disziplin wurde das Voltigieren – als Kunstreiten bezeichnet –1920 in Antwerpen. 1963 gab es die ersten Deutschen Meisterschaften, 1986 die ersten Weltmeisterschaften.
Sanfter Einstieg
Heute ist Voltigieren eine gute und zudem kostengünstige Möglichkeit, behutsam in den Pferdesport einzusteigen und ein vertrauensvolles Verhältnis zum vierbeinigen Partner aufzubauen. Man erlernt den korrekten Sitz und die Balance auf einem Pferd, ohne selbst lenken zu müssen, ein sicheres Auf- und Absteigen sowie das schonende Fallen.
Voltigieren für Kinder
Auch Kinder ab vier Jahren können durch das Voltigieren spielerisch an das Reiten herangeführt werden. Der Umgang mit dem Pferd und das Miteinander in der Gruppe fördern wichtige soziale Fähigkeiten wie Verantwortungsbewusstsein, Einfühlungsvermögen, Rücksichtnahme und Selbständigkeit. Die turnerischen Übungen auf dem Pferd verbessern Motorik, Gleichgewichtssinn und Konzentrationsfähigkeit. Geübt wird in Gruppen. Anfängergruppen bestehen in der Regel aus acht bis 12 Mädchen und Jungen.
Voltigieren als Leistungssport
Voltigieren ist ein anspruchsvoller Leistungssport, der dem Reiter hinsichtlich Gleichgewicht, Kondition, Kraft, Körperspannung, Beweglichkeit, Mut, Vertrauen und Kreativität einiges abverlangt.
Bei Turnieren werden die Wettkampfdisziplinen einzeln, im Doppel oder als Gruppe ausgetragen, wobei mehrere Richter um den Wettkampfzirkel verteilt sitzen und die Leistungen bewerten. Gruppenprüfungen beinhalten Pflicht und Kür. Bei den Einzelprüfungen kommt bei einigen Wettkämpfen ein Technikprogramm hinzu. Das Voltigieren im Doppel besteht abhängig von der Altersklasse entweder aus einer Kürprüfung oder einer Pflicht- und Kürprüfung.
Im internationalen Vergleich sind europäische, insbesondere deutsche Voltigiersportler, am erfolgreichsten.
Geeignete Rassen
Bei Voltigierpferden kommt es nicht unbedingt auf Schönheit und Eleganz an. Wichtiger sind ein gutmütiges Temperament und ein starker Rücken, einer muskulöser, kurzer Nacken und kräftige Beine. Es braucht Ausdauer und muss insgesamt robust genug sein, die häufigen Gewichtswechsel zu „ertragen“. Für Kinder sind Haflinger empfehlenswert, für erwachsene Sportler „kompakte“ Warmblüter wie z. B. Hannoveraner, Oldenburger, Holsteiner oder Westfalen.
Ausstattung
Beim Voltigieren werden zum Schutz von Pferd und Reiter und zum Ermöglichen der Übungen verschiedene Hilfen eingesetzt. Dazu gehören ein Voltigiergurt mit Handgriffen und Fußschlaufen. Unter dem Gurt liegt eine weiche Unterlage, auf dem Pferderücken eine Voltigierdecke, kurz Pad genannt.
Als Zäumungen sind Trensenzaum und Kappzaum geeignet. Außerdem werden Hilfszügel, Gamaschen oder Bandagen eingesetzt. Für das Longieren werden ferner Longierpeitsche und eine Longe benötigt.